Fasnachts-Chronik aus der Heimatkunde Therwil
Beschreibung
Das älteste erhaltene Dokument der Therwiler Fasnacht ist ein Schnitzelbank-Helgen aus dem Jahre 1889, der heute im Besitze des Dorfmuseums ist. Der Fasnachtsbrauch in unserem Dorf reicht jedoch bedeutend weiter zurück. Anfänglich spielten sich die vorfasnächtlichen Ereignisse an vier, später drei Donnerstagen, den sogenannten «feisse Dunnschtige», mehrheitlich in privatem Rahmen ab, indem man sich gegenseitig zu Hause besuchte. Die Kinder vertrieben die Zeit mit Spielen wie «Schlurpe-Chlopfe, Blindi Muus, Pfand usloose oder s tote Männli luege», die heutzutage beinahe in Vergessenheit geraten sind. Zur Abwechslung begab man sich ins Freie und spielte den Nachbarn einige Streiche, aber stets ohne Sachbeschädigungen. Dieser Zeitvertreib, echt therwilerisch «Chälte» genannt, erreichte um 22 Uhr den Höhepunkt mit Tee und Kuchen. Die Erwachsenen dagegen spielten Karten und erzählten sich bei Sauerkraut und Hammen (Schinken) Witze und Geschichten aus früheren Zeiten.
Der Ablauf der eigentlichen Fasnachtstage, von Sonntag bis Dienstag, gestaltete sich bis in die sechziger Jahre sehr undurchsichtig. Belegt sind zwischen 1895 und 1909 sporadische Darbietungen des Turnvereins, wie Indianer- und Waggistänze. Danach organisierten die Musikgesellschaft, der Fussballklub sowie der Frauen- und Kirchenchor abwechslungsweise, oder alle Dorfvereine gemeinsam, Fasnachtsattraktionen. Allmählich begann sich der Sonntag als Tag der Strassenfasnacht zu etablieren. Daneben machten mit Domino, dem typischen Therwiler Fasnachtskostüm, und Bändelilarve oder nur mit geschwärztem Gesicht «maskierte» Fasnächtler die Wirts-, Privathäuser und dunklen Gassen unsicher, indem sie die Passanten auf die Schippe nahmen, d.h. intrigierten. An den Abenden tanzte man in den Gaststuben und intrigierte an Maskenbällen.
Der für die fünfziger und sechziger Jahre typische Fasnachtsablauf lässt sich aus dem Protokoll des Musikvereins vom 19. Februar 1952 etwa folgendermassen wiedergeben: «Am Sonntag wurde unter Mitwirkung des Musikvereines, des Fussballclubs und anderer ein Umzug durch das Dorf durchgeführt. Am Montag um vier Uhr fand ein Morgenstreich in der Art einer Chesslete statt. Der Lärm wurde vor allem mit alten Fässern und Kübeln erzeugt und war derart laut, dass das ganze Dorf aufgeweckt wurde. Daneben wurden im Dorfe verschiedene Streiche gespielt, z.B. Gartentürchen ausgehängt, Mistkarren und Mistwagen versteckt und vieles mehr... Die Teilnehmer trugen meist weite Überkleider, die mit Stroh gestopft waren, und hatten geschwärzte Gesichter. Am Montag- und Dienstagabend organisierte der Musikverein Maskenbälle im Rösslisaal, bei denen vom Volke einmal die Masken, das andere Mal das Intrigieren prämiert wurde.»
Die Therwiler Fasnacht als traditioneller Bestandteil des kulturellen Dorflebens erfuhr in den folgenden Jahren wie nie zuvor besondere Pflege. 1967 waren die Voraussetzungen geschaffen, dass ein Fasnachtskomitee gebildet werden konnte, durch welches die Vorarbeiten und die Organisation der Fasnacht in Angriff genommen wurden. Als Initiant und erster Präsident des konstituierten Komitees stellte sich Hans Gschwind Beentjes, selbst ein alter Fasnächtler, zur Verfügung, der vortreffliche Arbeit leistete, um die Strassenfasnacht von Jahr zu Jahr auszuweiten. 1970 begann die Serie der offiziellen Plaketten, deren Verkauf noch heute den Grossteil der Fasnachtskosten zu decken vermag.
Am «Fasnachtsfürsunntig», dem Sonntag nach Aschermittwoch, zog seit jeher ein Fackelzug vom Dorf auf einen der markanten Hügel, wo das Fasnachtsfeuer abgebrannt wurde. Alt und jung schleuderte und schleudert alle Jahre wieder die glühenden «Sprängreedli» über die speziell dafür errichteten Böcke in die Dunkelheit. Das «Reedlispränge» bedeutet ein würdiger Abschluss der Därwiller Fasnacht.
(Auszüge aus: Franz Gutzwiller, Heimatkunde Therwil, 1999)